Das Zweitwohnungsrecht ist noch relativ jung. Zu einigen Fragen gibt es bereits eine bundesgerichtliche Rechtsprechung, zu anderen noch nicht. Nachfolgend werden einige zentrale Begriffe des Zweitwohnungsrechts näher erläutert. Weitere Präzisierungen werden sich im Laufe der Zeit aufgrund der Praxis der Vollzugsbehörden und der Rechtsprechung ergeben.
- Wohnung
- Hauptnutzfläche
- Erstwohnung
- Zweitwohnung
- Wohnung mit Nutzungsbeschränkung
- Wohnung ohne Nutzungsbeschränkung
- Altrechtliche Wohnung
- Wohnung in ortsbildprägenden Bauten
- Touristisch bewirtschaftete Wohnung im Rahmen eines strukturierten Beherbergungsbetriebes
- Wohnung im selben Gebäude, in dem der Eigentümer seinen Hauptwohnsitz hat (Einliegerwohnung)
- Touristisch bewirtschaftete Wohnung im Rahmen eines strukturierten Beherbergungsbetriebes
- Wohnraum ohne Nutzungsbeschränkung zur Finanzierung eines strukturierten Beherbergungsbetriebs
- Wohnungen ohne Nutzungsbeschränkung in einem ehemaligen strukturierten Beherbergungsbetrieb
- Verhältnis Lex Koller Zweitwohnungsgesetz
Wohnung
(Art. 2 Abs. 1 Zweitwohnungsgesetz vom 20. März 2015 (ZWG; SR 702))
Wohnungen sind Räume, die eine bauliche Einheit bilden, fürs Wohnen geeignet sind und über eine Kochnische verfügen.
Unter welchen Voraussetzungen vorgefertigte Häuschen und Mobilhomes auf Campingplätzen Wohnungen sind, hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 1. Februar 2021 (A-4343/2018) entschieden: Die Objekte müssen mit speziellen Verankerungen im Boden versehen sein, es genügt jedoch, wenn diese schnell wieder entfernt werden können. Zudem muss eine Kocheinrichtung vorhanden sein (Art. 2 Abs. 1 Bst. d ZWG). Verlangt werden fest installierte Einrichtungen mit einem Spülbecken, die der Zubereitung von Mahlzeiten dienen.
Hauptnutzfläche
(Art. 8 Abs. 1,2 und 5, Art. 11 Abs. 2 und Art. 26 Abs. 2 ZWG)
Der Begriff der Hauptnutzfläche bezieht sich auf eine Norm des Schweizerischen Ingenieurs- und Architektenverbandes (SIA), dessen Weiterentwicklung durch die SIA selbst erfolgt.
Die Hauptnutzfläche (HNF) ist gemäss der Norm 416 des SIA der Teil der Nutzflächen (NF), welcher der Zweckbestimmung und Nutzung des Gebäudes im engeren Sinne dient. Sie umfasst keine tragenden Wände und Aussenwände (Konstruktionsflächen), Nebennutzflächen (z.B. Kellerräume). Die SIA Norm 416 wird vom SIA anhand konkreter Fälle weiterentwickelt.
Erstwohnung
(Art. 2 Abs. 2 ZWG)
Eine Erstwohnung ist eine Wohnung, die von mindestens einer Person genutzt wird, die in der Gemeinde ihren Lebensmittelpunkt und ihre Schriften hinterlegt hat. Erstwohnungen dürfen in Gemeinden mit über 20% Zweitwohnungen weiterhin bewilligt werden (Art. 7 Abs. 1 Bst. a ZWG). Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung darf eine Erstwohnung nur bewilligt werden, wenn am vorgesehenen Standort ein Bedarf für Erstwohnungen vom vorgesehenen Standard existiert oder wenn ernsthafte und konkrete Zusicherungen für den Erwerb durch ganzjährige Bewohner vorliegen (BGE 144 II 49 E. 2.4; 1C_257/2018 E. 3.1.2.).
Zweitwohnung
(Art. 2 Abs. 4 ZWG)
Zweitwohnungen sind Wohnungen, die keine Erstwohnung sind und die auch nicht einer Erstwohnung gleichgestellt sind. Auch Wohnungen, die vorübergehend nicht als Wohnung genutzt werden oder seit mehr als zwei Jahren leer stehen, gelten als Zweitwohnungen (Art. 2 Abs. 3 Bst. d und h ZWG).
Der Bau von neuen Zweitwohnungen in Gemeinden mit einem Zweitwohnungsanteil von mehr als 20% ist grundsätzlich verboten (Art. 6 ZWG). Das Gesetz sieht aber Spezialfälle vor, in denen trotzdem Wohnungen ohne Nutzungsauflage bewilligt werden können, also Wohnungen, die als Zweitwohnungen genutzt werden können. In erster Linie sind dies Wohnungen, die nach strengen Kriterien touristisch bewirtschaftet werden, so dass die Gefahr von kalten Betten gebannt wird (Art. 7 Abs. 1 Bst. b ZWG). Weiter sieht das Gesetz vor, dass Wohnungen ohne Nutzungsauflage, also Wohnungen, die als Zweitwohnungen genutzt werden können, erstellt werden dürfen, wenn damit eine Querfinanzierung strukturierter Beherbergungsbetriebe erfolgt oder sie im Rahmen der Umnutzung am 11. März 2012 bereits bestehenden strukturierten Beherbergungsbetrieb geschaffen werden (Art. 8 ZWG). Möglichkeiten zur Erstellung von Wohnungen ohne Nutzungsauflage hat der Gesetzgeber auch für geschützte und ortsbildprägende Bauten geschaffen, wenn solche nicht anders erhalten werden können (Art. 9 ZWG).
Wohnung mit Nutzungsbeschränkung
(Art. 7 ZWG)
Wohnung, die gemäss Nutzungsauflage nach Artikel 7 ZWG als Erstwohnung oder als touristisch bewirtschaftete Wohnung genutzt werden muss.
Wohnung ohne Nutzungsbeschränkung
(Art. 8 und 9 ZWG)
Wohnung, die frei als Erst- oder als Zweitwohnung genutzt werden kann.
Altrechtliche Wohnung
(Art. 10 ZWG)
Wohnung in einer Gemeinde mit einem Zweitwohnungsanteil von mehr als 20%, die am Tag der Annahme der Zweitwohnungsinitiative, also am 11. März 2012, rechtmässig bestand oder rechtskräftig bewilligt war. Gibt es keine zusätzlichen kantonalen oder kommunalen Nutzungsbeschränkungen, darf sie frei als Erst- oder als Zweitwohnung genutzt werden. Unter bestimmten Bedingungen kann ihre Fläche vergrössert oder können zusätzliche Wohnungen erstellt werden, ohne dass eine Nutzungsauflage verfügt werden muss (Art. 11 ZWG).
Wohnung in ortsbildprägenden Bauten
(Art. 9 ZWG)
In Gemeinden mit einem Zweitwohnungsanteil von über 20% dürfen innerhalb der Bauzonen in geschützten oder ortsbildprägenden Bauten neue Wohnungen ohne Nutzungsbeschränkung nach Artikel 7 Absatz 1 ZWG bewilligt werden. Ortsbildprägende Bauten sind Gebäude, die durch ihre Lage und Gestalt wesentlich zur erhaltenswerten Qualität des Ortsbildes und zur Identität des Ortes beitragen (Art. 6 Abs. 1 Zweitwohnungsverordnung vom 4. Dezember 2017 (ZWV; SR 702.1)). Die Kantone sorgen für ein Verfahren zur Bestimmung der ortsbildprägenden Bauten (Art. 6 Abs. 2 ZWV).
In ortsbildprägenden Bauten dürfen neue Wohnungen ohne Nutzungsauflage bewilligt werden, wenn die Baute in ihrem Schutzwert nicht beeinträchtigt wird, die äussere Erscheinung und die bauliche Grundstruktur des Gebäudes im Wesentlichen unverändert bleiben und eine dauernde Erhaltung der Baute nicht anders sichergestellt werden kann. Zudem dürfen der Errichtung der Wohnung keine überwiegenden Interessen entgegenstehen.
Touristisch bewirtschaftete Wohnung im Rahmen eines strukturierten
Beherbergungsbetriebes
(Art. 7 Abs. 2 ZWG)
In Gemeinden mit einem Zweitwohnungsanteil von über 20 % können neben Erstwohnungen auch neue Wohnungen für die Nutzung als touristisch bewirtschaftete Wohnungen mit entsprechender Nutzungsauflage bewilligt werden. Eine Wohnung gilt nur dann als touristisch bewirtschaftet, wenn sie Gästen für Kurzaufenthalte zu ortsüblichen und marktüblichen Bedingungen dauerhaft zur Verfügung gestellt wird (Art. 7 Abs. 2 ZWG). So müssen touristisch bewirtschaftete Wohnungen über einen längeren Zeitraum, d. h. in der Haupt- und Nebensaison, auf dem Markt angeboten werden. Sie dürfen grundsätzlich nicht von den Eigentümern selbst genutzt werden. Langzeitvermietungen sind nicht erlaubt. Die Unterkünfte müssen den Gästen tage- bzw. wochenweise vermietet werden und müssen zu markt- und ortsüblichen Bedingungen angeboten werden.
Darüber hinaus müssen neue Wohnungen, die für die touristische Bewirtschaftung bestimmt sind, eine der folgenden Bedingungen erfüllen, um bewilligt werden zu können:
- Sie müssen im selben Haus liegen, in dem der Eigentümer oder die Eigentümerin seinen beziehungsweise ihren Hauptwohnsitz hat (Einliegerwohnung); oder
- sie dürfen nicht auf die persönlichen Bedürfnisse des Eigentümers oder der Eigentümerin zugeschnitten sein und im Rahmen eines strukturierten Beherbergungsbetriebs bewirtschaftet werden.
Wohnung im selben Gebäude, in dem der Eigentümer seinen Hauptwohnsitz hat (Einliegerwohnung)
(Art. 7 Abs. 2 Bst. a ZWG)
In Gemeinden mit einem Zweitwohnungsanteil von über 20 % können neue Wohnungen bewilligt werden, wenn sie sich im selben Gebäude befinden, in dem der Eigentümer seinen Hauptwohnsitz hat (Einliegerwohnung, Art. 7 Abs. 2 Bst. a ZWG). Pro Gebäude dürfen nicht mehr als vier Wohnungen im Sinne von Art. 7 Abs. 2 Bst. a ZWG vorhanden sein.
Touristisch bewirtschaftete Wohnung im Rahmen eines strukturierten
Beherbergungsbetriebes
(Art. 7 Abs. 1 Bst. b in Verbindung mit Art. 7 Abs. 2 Bst. b ZWG)
Zusätzlich zu den allgemeinen Anforderungen an touristisch bewirtschafteten Wohnungen gelten für solche Wohnungen im Rahmen eines strukturierten Beherbergungsbetriebs folgende zusätzliche Kriterien: Die Wohnungen dürfen nicht auf die persönlichen Bedürfnisse des Eigentümers oder der Eigentümerin zugeschnitten sein. Das bedeutet, dass sie, um für die verschiedenen Gästegruppen attraktiv zu sein, nach einem einheitlichen Konzept ausgestaltet sein müssen. Zudem müssen sie im Rahmen eines strukturierten Beherbergungsbetriebs auf den Markt gebracht werden.
Ein strukturierter Beherbergungsbetrieb im Sinne des ZWG liegt vor, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind (Art. 4 ZWV):
- Er umfasst hotelmässige Dienstleistungen und Infrastrukturen, die typischerweise von der Mehrheit der Gäste beansprucht werden;
- er weist ein hotelähnliches Betriebskonzept auf;
- die Bewirtschaftung im Rahmen eines einheitlichen Betriebs ist sichergestellt.
Wohnraum ohne Nutzungsbeschränkung zur Finanzierung eines strukturierten Beherbergungsbetriebs
(Art. 8 Abs. 1 ZWG)
In Gemeinden mit einem Zweitwohnungsanteil von über 20% kann strukturierten Beherbergungsbetrieben die Schaffung von Wohnraum ohne Nutzungseinschränkung gestattet werden, wenn der Ertrag aus der Erstellung solcher Wohnungen für den wirtschaftlichen Betrieb des betreffenden Beherbergungsbetriebs erforderlich ist.
Diese Möglichkeit unterliegt jedoch strengen Bedingungen. Um davon Gebrauch machen zu können, muss der Eigentümer oder Betreiber den Nachweis erbringen, dass der Ertrag aus den Wohnungen in den Bau oder den Betrieb des strukturierten Beherbergungsbetriebs investiert wird und dass die Hauptnutzfläche dieser Wohnungen 20% der gesamten Hauptnutzflächen der Zimmer und Wohnungen nicht übersteigt. Die Fläche kann bis zu 33% betragen, wenn die zur Finanzierung des betreffenden Betriebs geschaffenen Wohnungen dauerhaft im Eigentum des strukturierten Beherbergungsbetriebs bleiben und von diesem vermietet werden. In einem solchen Fall muss eine Veräusserungsbeschränkung im Grundbuch eingetragen werden (Art. 8 Abs. 2 ZWG).
In jedem Fall muss auch eine bauliche und funktionale Einheit zwischen den neu geschaffenen Wohnungen und dem strukturierten Beherbergungsbetrieb bestehen, es sei denn, dass Gründe des Ortsbild- oder Denkmalschutzes dem entgegenstehen. Schliesslich darf der Schaffung dieser Wohnungen kein überwiegendes Interesse entgegenstehen.
Wohnungen ohne Nutzungsbeschränkung in einem ehemaligen strukturierten Beherbergungsbetrieb
(Art. 8 Abs. 4 und 5 ZWG)
Kann ein strukturierter Beherbergungsbetrieb, der am 11. März 2012 schon bestanden hat, nicht mehr wirtschaftlich weitergeführt oder in touristisch bewirtschaftete Wohnungen umgenutzt werden, können maximal 50% der Hauptnutzfläche zu Wohnungen ohne Nutzungsbeschränkung umgenutzt werden. Der betreffende Betrieb muss seit mindestens 25 Jahren existieren, und die Tatsache, dass er nicht mehr wirtschaftlich weitergeführt werden kann, darf nicht durch ein Fehlverhalten der Eigentümerin oder des Eigentümers beziehungsweise der Betreiberin oder des Betreibers verursacht worden sein. Darüber hinaus dürfen keine überwiegenden Interessen gegen die Schaffung dieser Wohnungen sprechen.
Die restliche verfügbare Hauptnutzfläche (mindestens 50% der Hauptnutzfläche) kann in Wohnungen umgewandelt werden, die einer Nutzungsbeschränkung im Sinne von Art. 7 Abs. 1 ZWG unterliegen, wobei diese Einschränkung im Grundbuch einzutragen ist (Art. 7 Abs. 4 ZWG).
Verhältnis Lex Koller Zweitwohnungsgesetz
Die Lex Koller regelt, unter welchen Bedingungen Personen im Ausland Grundstücke in der Schweiz erwerben können. Es handelt sich um einen völlig anderen Regelungsgegenstand als beim Zweitwohnungsgesetz.
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