Im Goms gibt es mehr Wohnungen als Einwohnerinnen und Einwohner: Laut der Volkszählung 2000 kommen auf 4743 Einwohner 5624 Wohnungen. Dieses Verhältnis ist schweizweit aussergewöhnlich. Im Goms ist nur knapp jede dritte Wohnung dauerhaft bewohnt und beim Leerwohnungsanteil liegt die Region mit rund 11 Prozent schweizweit an zweiter Stelle. Vor diesem Hintergrund haben sich die Gemeinden Obergoms, Münster-Geschinen, Reckingen-Gluringen, Blitzingen, Bellwald, Ernen, Binn, Fiesch und Grengiols zusammengeschlossen, um in einem Modellvorhaben zwischen 2008 und 2011 die Situation der Zweitwohnungen in der Region Goms zu analysieren. Mit dem Projekt wurde aufgezeigt, wie der Zweitwohnungsbau reguliert und die Belegungsrate der Zweitwohnungen erhöht werden kann. Nebst den involvierten Gemeinden und deren Ortsplaner waren auch die Region und der Kanton Wallis als Partner beim Projekt dabei.
Konkrete Pilotprojekte umgesetzt
In einem ersten Schritt wurden Workshops in den Projektgemeinden durchgeführt, um den lokalen Handlungsbedarf festzustellen, die gemeinsamen Interessen zu identifizieren und die regionalen Zielsetzungen zu erarbeiten. Danach wurden verschiedene Pilotprojekte umgesetzt, so zum Beispiel das Projekt «Dorfkernerneuerung»: Im Rahmen des Projekts regten die Gemeinden Binn, Ernen und Grengiols die Wohnungsbesitzerinnen und -besitzer in den alten Ortskernen dazu an, ihre Liegenschaften instand zu stellen und intensiver zu nutzen. Dazu befragte je ein Dorfkernbeauftragter ausgewählte Liegenschaftsbesitzer, um herauszufinden, wie gross die Bereitschaft zu einer Wohnungserneuerung und einer intensiveren Nutzung ist. Im Pilotprojekt «Vermietung Zweitwohnungen» lag der Fokus auf der besseren Auslastung bestehender Zweitwohnungen. Dazu erhob die Gemeinde Bellwald bei den Besitzerinnen und Besitzern den Zustand der Zweitwohnungen und die Bereitschaft zur Veränderung. Die Umfrageergebnisse wurden in einem Auswertungsbericht zusammengefasst, der für die Gemeinde und Bellwald Tourismus als Grundlage für die weitere Massnahmenplanung dient. Als wichtigste Massnahmen sind der Ausbau von Vermietungsdienstleistungen, die Förderung des Wohnungstausches und Informationsveranstaltungen zum Thema Gebäuderenovation vorgesehen. Zudem konnte in Bellwald mit dem Projekt «Kontingentierung des Zweitwohnungsbaus» auch ein Instrument eingeführt werden, das eine massvollere Entwicklung des Siedlungsgebietes ermöglicht.
Es braucht regionale Lösungen
Die im Rahmen des Modellvorhabens umgesetzten Pilotprojekte haben zu einer Sensibilisierung für die Thematik der Zweitwohnungen beigetragen und deutlich gezeigt, dass es für die Bearbeitung dieses Themas regionale Lösungen braucht und künftig auch Tourismusorganisationen mit ins Boot zu holen sind. Dabei lassen sich die gewählten Lösungsansätze auch auf Probleme ausserhalb der Zweitwohnungsthematik anwenden. Auch der Kanton muss seinen Beitrag leisten - in Form von leicht einsetzbaren Mustervorlagen für die Erhebungen bei den Zweitwohnungsbesitzern und mit personeller und finanzieller Unterstützung.
Kleiner rechtlicher Handlungsspielraum im Kanton
Bei bestehenden Zweitwohnungen besteht jedoch nur ein kleiner rechtlicher Handlungsspielraum. Für den Kanton Wallis trifft dies ganz besonders zu, stehen doch hier hilfreiche Instrumente wie die pauschale Kurtaxenerhebung oder eine Lenkungsabgabe auf den kontingentierten Zweitwohnungsbau nicht zur Verfügung. Die Gemeinden sind wesentlich auf die freiwillige Mitarbeit der Zweitwohnungsbesitzer angewiesen. Spürbare Erfolge dürften sich von daher nur langsam und langfristig einstellen, sofern kontinuierlich an der Verbesserung der Situation gearbeitet wird. Mit den Pilotprojekten «Dorfkernerneuerung» und «Vermietung Zweitwohnung» wurden aber zwei Handlungsansätze entwickelt, mit denen gezielt eine Verbesserung bei den Zweitwohnungen angestrebt werden kann.