Die Erscheinung und damit die Reputation eines Quartiers wird auch durch den visuellen Eindruck geprägt; und hier hat das Quartier Plan-Dessous in Vevey ein arges Handicap: Achtstöckige und teilweise mehr als hundert Meter lange Wohnblöcke mit unattraktiver Fassadengestaltung, welche die vielbefahrene Kantonsstrasse säumen, ohne Erholungs- und Freizeiträume. Dahinter eine SBB-Hauptlinie, welche die Räume noch enger erscheinen lässt. Schon allein die bauliche Substanz legitimierte ein Quartierentwicklungsprojekt. Hinzu kamen Herausforderungen in Bezug auf die multikulturelle Bewohnerschaft, denn wo mehr als 80 Nationen zusammenleben und über die Hälfte aller Menschen ausländischer Herkunft ist, da kann keine Quartieridentität entstehen. Die vielen Gemeinschaften hatten - und suchten - keinen Kontakt.
Dank Partizipation und Räumen zu Quartierleben
Auf Initiative der Stadtverwaltung kam die dringend notwendige Aktivierung des Quartiers zustande. Es brauchte mehrere starke Signale, um der Quartierbevölkerung aufzuzeigen, dass sie es selbst in der Hand haben, sich eine Perspektive zu schaffen. Eine mit verschiedenen Partnern durchgeführte Quartieranalyse zeigte die Stossrichtung auf und es wurden verschiedene Arbeitsgruppen gegründet. Da die Gebäude im Quartier fast ausschliesslich in Privatbesitz sind, versuchte die Stadt, wenigstens im öffentlichen Raum Aufwertungen zu erzielen. So installierte sie entlang der Kantonsstrasse eine Reihe von Sitzbänken und schuf einen zusätzlichen Fussgängerstreifen über die Kantonsstrasse. Mithilfe von engagierten Quartierbewohnerinnen und -bewohnern konnte ein Quartierverein gegründet werden. Im September 2010 wurde zudem das Quartierzentrum «Villa Métisse» eröffnet, in welchem dank Eigeninitiative und Selbstorganisation unter anderem Kurse, Spielmöglichkeiten, Mahlzeiten und ein Schulhort angeboten werden. Ein Sozialarbeiter vor Ort garantiert Zugänglichkeit, Koordination und Betreuung der Gruppen. Ein Internetcafé ermöglicht Einführungskurse und steht auch den abgewiesenen Asylsuchenden, die im Quartier leben, zur Verfügung.
Quartierentwicklung auf das benachbarte Quartier ausgeweitet
In der zweiten Phase des Programms Projets urbains (2012-2015) werden die im Quartier Plan-Dessous erfolgreich angestossenen Quartierentwicklungsprozesse zusätzlich auf das benachbarte, durch die SBB-Linie abgetrennte, Quartier Plan-Dessus ausgeweitet. Dies vor dem Hintergrund, dass dort die Bevölkerungszahl durch den Bau neuer Wohnkomplexe rasch ansteigt. Im März 2012 wurde das Quartierzentrum «Espace Bel-Air» eröffnet, das vom Quartierverein «Association Pour les Environs de Robin (APERO)», welcher bereits seit mehr als 20 Jahren im Quartier aktiv ist, geleitet wird. Nach der Bestandesaufnahme im Quartier und der Bedürfniserhebung unter der Bevölkerung sollen 2014 konkrete Massnahmen umgesetzt werden. Im Fokus stehen dabei Aktivitäten, um die rund 800 kürzlich neu ins Quartier gezogenen Bewohnerinnen und Bewohner in das bereits stark ausgeprägte Quartierleben zu integrieren.
Programm Projets urbains 2008-2015, Vevey (VD)