Bundesrat genehmigt Windenergiegebiete im Richtplan des Kantons Thurgau
Bern, 27.10.2021 - Der Kanton Thurgau hat seinen Richtplan für die Nutzung der Windenergie überarbeitet und sechs Windenergiegebiete ausgeschieden. Er trägt damit wesentlich dazu bei, die Energiestrategie 2050 des Bundes umzusetzen. Einen der Standorte für Windenergie genehmigt der Bundesrat mit einem Vorbehalt, denn der Standort könnte in Konflikt mit dem deutschen UNESCO-Weltkulturerbe Klosterinsel Reichenau stehen. An seiner Sitzung vom 27. Oktober 2021 hat der Bundesrat die Änderungen zur Windenergie im Thurgauer Richtplan genehmigt und dabei sein Engagement für den grenzüberschreitenden Schutz der Welterbestätte bestätigt.
2017 hat die Schweizer Stimmbevölkerung die Energiestrategie 2050 des Bundes gutgeheissen. Die Stromproduktion aus erneuerbaren, lokal vorhandenen Energien wie Solarenergie, Windenergie, Biomasse und Umgebungswärme soll ausgebaut werden, damit zum einen der steigende Strombedarf gedeckt und zum anderen der Treibhausgasausstoss gesenkt werden kann. Am 28. Juni 2017 hat der Bundesrat das Konzept Windenergie verabschiedet. Darin gibt der Bund den Kantonen einen Orientierungsrahmen für ihren Beitrag zu seinen Ausbauzielen vor. Entsprechend soll der Kanton Thurgau im Jahr 2050 jährlich bis zu 180 GWh Strom aus Windenergie produzieren. Dies entspricht rund 11 Prozent des heutigen kantonalen Stromverbrauchs.
Der Kanton Thurgau hat 2014 das Windenergiepotenzial auf dem gesamten Kantonsgebiet ermittelt. Dabei hat er die ursprünglich acht Windpotenzialgebiete auf sechs kleinräumigere Windenergiegebiete reduziert. Der genehmigte kantonale Richtplan setzt drei Gebiete fest, bestimmt ein zusätzliches Gebiet als Zwischenergebnis und zwei weitere Gebiete zur Vororientierung. Das Energiepotenzial an allen sechs Standorten zusammen beträgt gemäss Angaben des Kantons Thurgau maximal 216 GWh pro Jahr; in den drei festgesetzten Windenergiegebieten Salen-Reutenen, Thundorf und Braunau-Wuppenau wäre jährlich eine Produktion von maximal 131 GWh möglich.
UNESCO-Welterbe Klosterinsel Reichenau von Planung betroffen
Die auf dem Thurgauer Seerücken geplanten Grosswindanlagen im Gebiet Salen-Reutenen würden vom deutschen Ufer des Untersees – des westlich von Konstanz gelegenen Teil des Bodensees – sowie von der Welterbestätte Klosterinsel Reichenau aus sichtbar sein. Mit der Ratifizierung der Welterbekonvention im Jahr 1975 hat sich die Schweiz verpflichtet, alle Massnahmen zu unterlassen, die das Kultur- und Naturerbe anderer Vertragsstaaten schädigen könnten. Mögliche Beeinträchtigungen der Stätten, wie diejenige durch das geplante Windenergiegebiet, sind der UNESCO zur Kenntnis zu bringen. In seinem Genehmigungsgesuch hat der Regierungsrat des Kantons Thurgau betont, dass ein Windpark auf dem Seerücken das Kulturerbe Klosterinsel Reichenau nicht gefährden darf.
Um mögliche Auswirkungen abzuschätzen, führen deutsche und Schweizer Fachbehörden derzeit ein so genanntes Heritage Impact Assessment (HIA) durch. Der aktuelle Stand der Arbeiten zeigt, dass das Windenergiegebiet von Salen-Reutenen das Kulturerbe Klosterinsel Reichenau möglicherweise erheblich beeinträchtigt. Die abschliessende Beurteilung dieses Vorhabens in Bezug auf den universellen Wert der Welterbestätte obliegt allein der die UNESCO beratenden Organisation ICOMOS International und ist abhängig von weiteren Untersuchungen im Rahmen des HIA.
Um dennoch einen stufengerechten Standortentscheid zu ermöglichen und damit das Genehmigungsverfahren als Ganzes nicht weiter zu verzögern, hat der Bundesrat den Standort Salen-Reutenen mit einem Vorbehalt genehmigt: Sollte ICOMOS International eine erhebliche Beeinträchtigung bestätigen, die nicht durch ein angepasstes Projekt behoben werden kann, ist die Genehmigung des Bundesrats hinfällig und das Windenergiegebiet nicht realisierbar.
Für die weiteren fünf Standorte erteilt der Bundesrat mit der Genehmigung verschiedene Vertiefungsaufträge.
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Martin Lenhard, Richtplangruppenleiter Ostschweiz
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Tel. +41 58 480 88 76, martin.lenhard@are.admin.ch
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