Verkehrsdrehscheiben

Das Strassennetz ist überbelastet und die Mobilitätsnachfrage steigt weiter an. Die Städte sollen auch künftig gut erreichbar bleiben. Deshalb sollten die Verkehrsmittel vernetzt werden: Die Reisenden steigen frühzeitig vom Auto auf den öffentlichen Verkehr, das Velo oder Sharing-Angebote um. Dazu bedarf es gut organisierter Umsteigepunkte als Verkehrsdrehscheiben.

Neue Haltestelle des Léman Express in Genève / Eaux-Vives
Neue Haltestelle des Léman Express in Genève / Eaux-Vives
© Ville de Genève

Zweck von Verkehrsdrehscheiben

Rund 20% aller Pendlerwege haben ihren Ursprung im Umland von Agglomerationen. Da diese weniger dicht besiedelten Gebiete vom öffentlichen Verkehrs (ÖV) schlechter erschlossen sind, werden die Wege zumeist mit dem Auto (MIV) zurückgelegt. Doch das städtische Strassennetz ist stark belastet und enge Platzverhältnisse lassen nur gezielte Strassenausbauten zu. Eine Konzentration auf effiziente Verkehrsmittel wie den öffentlichen Verkehr, Fuss- und Veloverkehr ist deshalb zielführend. Gut gestaltete Umsteigepunkte, Verkehrsdrehscheiben, können dabei einen positiven Beitrag zur Entlastung der Strassen leisten.

  • Verkehrsdrehscheiben verbessern die Erreichbarkeit der Regionen und verknüpfen städtische und ländliche Räume. Sie ermöglichen das schnelle, reibungslose und einfache Umsteigen zwischen Verkehrsmitteln. Dabei sollen die Vorteile jedes Verkehrsmittels zum Tragen kommen. Mit gut geplanten Verkehrsdrehscheiben können auch Übergänge zwischen lokalen und regionalen Verkehrsnetzen, den Nationalstrassen und dem öffentlichen Verkehr auf der Strasse und der Schiene optimiert werden.
  • Verkehrsdrehscheiben sorgen für ein effizientes und barrierefreies Umsteigen vom Auto zum öffentlichen Verkehr sowie Fuss- und Veloverkehr; sie erlauben auf einfache Weise, den Fern- mit dem Regional- und Ortsverkehr zu kombinieren. Im Mittelpunkt steht dabei die Attraktivität der Anlage: Kurze Wege und eine gute städtebauliche Gestaltung der Verkehrsdrehscheiben motivieren zum Umsteigen. Mit angegliederten Einkaufs-, Freizeit- und Dienstleistungsangeboten bieten sie den Reisenden zudem einen Mehrwert.
  • Verkehrsdrehscheiben integrieren oft auch neue Mobilitätsangebote (z.B. Sharing-Fahrzeuge). Vernetzt (multimodal) heisst, die Reisenden können verschiedene Verkehrsmittel kombinieren. Mitgedacht werden muss dabei die Organisation der Reise von Tür zu Tür. Die vernetzten Wegeketten lassen sich mit neuen digitalen Technologien im Voraus planen. Echtzeit-Informationen dienen der Organisation der Reise und der schnellen Orientierung am Umsteigepunkt.
  • Damit Verkehrsdrehscheiben mit ihren vernetzten (multimodalen) Angeboten einfach genutzt werden können, bedarf es der notwendigen Daten und einer entsprechenden Infrastruktur für den einfachen Austausch. Der Bund strebt deshalb auch den Aufbau einer Mobilitätsdateninfrastruktur mit einer gesetzlichen Grundlage (Bundesgesetz über die Mobilitätsdateninfrastruktur) an.

Damit die ökologischen Vorteile der vernetzten Mobilität voll genutzt werden können, geschieht der Umstieg vom Auto auf den ÖV idealerweise so nah wie möglich am Startpunkt der Reise. Wichtig ist dabei, dass die einzelnen Verkehrsdrehscheiben nicht isoliert betrachtet werden, sondern in das Gesamtgefüge von Raum- und Verkehrsplanung eingebunden werden. Ausserdem braucht es unterstützende Massnahmen, zum Beispiel im Parkraum- und Verkehrsmanagement. Darüber hinaus sollen die Planungen zwischen Bund-, Kantonen und Städten abgestimmt werden. Deshalb sind die Verkehrsdrehscheiben im Programmteil des Sachplans Verkehr verankert.

Das Programm Verkehrsdrehscheiben von Bund, Kantonen, Städten und Gemeinden

Veränderte Lebensstile und Werthaltungen, neue Technologien und Geschäftsmodelle werden die Mobilität in den nächsten Jahrzehnten weiter verändern. Bund, Kantone, Agglomerationen, Städte und Gemeinden wollen diesem Wandel mit innovativen Lösungen begegnen. Sie wollen die Siedlungs- und Verkehrsentwicklung noch besser aufeinander abstimmen und die Vernetzung der verschiedenen Verkehrsmittel verstärkt fördern. Dazu haben sie Anfang 2021 ein gemeinsames Programm lanciert. Ziel des Programms ist, die kombinierte Mobilität und attraktive, gut funktionierende Verkehrsdrehscheiben in ihrer Planung und Umsetzung voranzubringen.

Der Bund wird dabei vom Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK), insbesondere von den Bundesämtern für Raumentwicklung (ARE), für Strassen (ASTRA) und für Verkehr (BAV) vertreten. Die Partner auf kantonaler Ebene sind die Bau-, Planungs- und Umweltdirektoren-Konferenz (BPUK) und die Konferenz der kantonalen Direktoren des öffentlichen Verkehrs (KöV). Die Interessen der Städte und Gemeinden repräsentieren der Schweizerische Städte- sowie der Schweizerische Gemeindeverband (SSV und SGV).

Auf Bundesebene sind die Verkehrsdrehscheiben im Sachplan Verkehr, Teil Programm, verankert: Dieser bildet das übergeordnete Dach für die Planung von Nationalstrassen, Schiene, Luft- und Schifffahrt der Schweiz. Der Bund bezieht sich dabei auf Grundlagen wie etwa das Raumkonzept Schweiz und die Strategie Nachhaltige Entwicklung. Er schafft damit den notwendigen Rahmen zur Förderung von Verkehrsdrehscheiben und richtet seine bestehenden Instrumente verstärkt auf die Belange von Verkehrsdrehscheiben aus.

Zudem führt der Bund Grundlagenstudien durch. Beispiele sind die Studien zum Parkraummanagement und zu den Wechselwirkungen zwischen Verkehrs- und Siedlungsentwicklung. Weiter untersucht er auch die Rolle der Digitalisierung sowie die Potentiale von Drehscheiben an der Autobahn. Er will mit den Partnern den Austausch von Ergebnissen pflegen und gute Beispiele sammeln.

Die Kantone, Agglomerationen, Städte und Gemeinden erarbeiten räumlich abgestimmte Konzepte für den kombinierten Verkehr und setzen konkrete Projekte schrittweise um. Es sollen Leuchtturmprojekte entstehen, die sich durch ein starkes multimodales Mobilitätsangebot auszeichnen und zum Nachahmen einladen. Die Umsteigeräume müssen dabei qualitätsvoll und sorgfältig gestaltet sein, Orientierung vermitteln sowie ein vielfältiges Nutzungsangebot und digitale Reiseinformationen bieten.

Erklärung von Emmenbrücke: Bund, Kantone, Städte und Gemeinden planen gemeinsam Verkehrsdrehscheiben

Instrumente zur Förderung von Verkehrsdrehscheiben

Im Sachplan Verkehr, Programmteil, werden die Planungsgrundlagen für die bessere Vernetzung der Verkehrsmittel und -netze geschaffen. Neue Strassen und Bahnstrecken werden bei der Planung aufeinander abgestimmt. Der Programmteil des Sachplans Verkehr schlägt fünf verschiedene Typen von Verkehrsdrehscheiben vor. Sie unterscheiden sich in ihrer Lage, Funktion und Ausstattung. So stellt zum Beispiel ein zentraler Bahnhof einer grossen Agglomeration Planende vor anderen Herausforderungen als ein Regionalbahnhof oder ein Park-and Ride-Parkplatz im ländlichen Raum.

Zur Finanzierung von Verkehrsdrehscheiben stützt sich der Bund auf die bestehenden Instrumente wie die Strategischen Entwicklungsprogramme für Strasse und Schiene und die Agglomerations-programme. Mit dem Bahninfrastrukturfond (BIF) können beispielsweise neue S-Bahnhaltestellen und deren Anbindung an die anderen Verkehrsmittel unterstützt werden. Zudem unterstützt der Bund die Vernetzung der verschiedenen Verkehrsträger im Rahmen des Programms Agglomerationsverkehr Verkehr und Siedlung.In den ersten drei Generationen hat der Bund bereits Gelder in einer Höhe von rund 400 Millionen für die Realisierung von Verkehrsdrehscheiben zur Verfügung gestellt. Die mitfinanzierten Projekte reichen von Bahnunterführungen für den Fuss- und Veloverkehr, Park and Ride- und Bike and Ride-Anlagen bis zur kompletten Umgestaltung von Bahnhofsplätzen und Busbahnhöfen. Bedingungen für eine Mitfinanzierung durch den Bund sind, dass die verkehrlichen Entwicklungen mit der Siedlungsentwicklung abgestimmt sind und flankierende Massnahmen wie Parkraummanagement, Verkehrsdosierung ergriffen werden. So können unerwünschte Effekte wie eine Rückverlagerung vom ÖV auf das Auto, erhöhtes Verkehrsaufkommen oder die Konkurrenzierung von regionalen ÖV-Linien weitgehend vermieden werden.

Dokumente




https://www.are.admin.ch/content/are/de/home/mobilitaet/programme-und-projekte/verkehrsdrehscheiben.html