Die Evaluation eines Quartierprojekts unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit muss in erster Linie die vielfältigen Auswirkungen des Vorhabens auf den Raum aufzeigen und es erlauben, die richtigen Fragen zum richtigen Zeitpunkt zu stellen. Zu diesem Zweck wurde das Modellvorhaben «Nachhaltige Quartiere für die Agglomeration Lausanne» durchgeführt, das Antworten auf folgende zentrale Fragestellungen liefern sollte: Wie lässt sich der Entscheidungsprozess in Bezug auf Investitionen und Planung vereinfachen? Welche sozialen Dimensionen müssen beim Bau neuer Wohnbauten berücksichtigt werden? Wie lassen sich die wirtschaftlichen und ökologischen Folgen der veränderten Erschliessung beurteilen? Im Fokus des Modellvorhabens stand die Entwicklung eines Instruments zur Bewertung und zur Entscheidungshilfe in den verschiedenen Phasen einer Quartierentwicklung. Das Projekt konnte dank der Unterstützung mehrerer öffentlicher Akteure - Kanton Waadt, Stadt Lausanne und Schéma directeur de l'Ouest lausannois SDOL - und privater Akteure - equiterre, Tribu'architecture - lanciert werden. 2009 wurde es mit einem vom Bundesamt für Raumentwicklung ARE und vom Bundesamt für Energie BFE durchgeführten Programm verbunden. Ziel war es, ein Referenzinstrument für die gesamte Schweiz auszuarbeiten. Bevor das Instrument online verfügbar gemacht wurde, wurde es an sechs Pilotprojekten, die sich im Planungs- oder Realisierungsstadium befanden, getestet: im Ecoquartier de la Jonction (Genf), im Sektor Malley (Lausanne, Prilly und Renens), im Quartier Plaines-du-Loup (Lausanne), im Ecoparc (Neuenburg), im Bullingerquartier (Zürich) sowie im Dreispitz (Basel und Münchenstein). Ausgehend von den verschiedenen Rückmeldungen wurde das Instrument optimiert und anschliessend im Mai 2011 offiziell vorgestellt. Seither ist es online verfügbar.
Open-Source-Programm zur Unterstützung der nachhaltigen Entwicklung
Das Tool «Nachhaltige Quartiere by Sméo» richtet sich primär an die Gemeinden und übrigen Akteure der nachhaltigen Quartierentwicklung. Es steht als Open-Source-Programm kostenlos im Internet zur Verfügung. Auf Grundlage der Auswertung der Prozesse im jeweiligen Lebenszyklus eines Quartiers (Entstehung, Materialisierung, Nutzung) erlaubt es das Instrument, wichtige Themenbereiche - Bedürfnisse, Gouvernanz, Architektur, Kosten und Finanzen, Infrastruktur, Boden und Landschaft, Identität, Komfort und Gesundheit, Mobilität, Leben in der Gemeinschaft, Sicherheit, Wasser, Materialien, Abfälle und Energie - zum richtigen Zeitpunkt zu berücksichtigen. Das Instrument kann transdisziplinär genutzt werden und ist als Referenz mit Anspruch auf Vollständigkeit zu verstehen, die für jeden analysierten Aspekt und für jede Projektphase - Initiierung, Masterplan, Quartierplan, Realisierung, Betrieb - entscheidungsrelevante Hinweise und Informationen liefert. Dieser Ansatz fördert die Kommunikation zwischen den beteiligten Partnern sowie die Projektevaluation über die gesamte Entwicklung hinweg, zwei Aspekte, die für den Erfolg nachhaltiger Quartiere entscheidend sind.
Schweizweit einzigartig
Das aus dem Modellvorhaben hervorgegangene Instrument ist schweizweit einzigartig und innovativ: Es ist das erste Instrument, das gemeindeübergreifend und für alle Projektphasen eingesetzt werden kann und erst noch partizipativ unter Einbezug aller betroffenen Akteure entwickelt worden ist. 2011 lancierte der Bund das Programm BFE/ARE «Nachhaltige Quartiere» und unterstützte in dessen Rahmen 18 Gemeinden, die ihre Quartierprojekte unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit beurteilen wollten. Dabei konnten die Gemeinden auf die technische Unterstützung von Beraterinnen und Beratern auf dem Gebiet der nachhaltigen Quartiere zählen. Ebenfalls im Jahr 2011 veröffentlichte der Bund die Broschüre «Nachhaltige Quartiere, Herausforderungen und Chancen für die urbane Entwicklung», welche den Einsatz des Instruments in einen grösseren Rahmen einbettete. Die Realisierung von Projekten für nachhaltige Quartiere wird vom Bund weiterhin unterstützt.