Kantone und Gemeinden haben die Aufgabe, Massnahmen zu ergreifen, um unerwünschten Entwicklungen entgegenzuwirken (Art. 12 ZWG), die sich insbesondere durch die Umnutzung von altrechtlichen Wohnungen ergeben. Die Kantone können zudem auch Vorschriften erlassen, welche die Nutzung von Wohnungen stärker als das Bundesgesetz einschränken (Art. 3 ZWG). Bei einem vom ARE und SECO durchgeführten Erfahrungsaustausch mit Gemeinden, Organisationen und Kantonen zeigte sich, dass eine Mischung von gezielten Förder- und Schutz-Massnahmen erfolgsversprechend ist.
Handlungsbedarf eruieren
Die Behörden verschaffen sich einen Überblick der Ist-Situation und ermitteln, ob Handlungsbedarf besteht. Zieldefinitionen werden in einem partizipativen Prozess erarbeitet und in Form eines Entwicklungsleitbilds festgehalten.
Für die Erarbeitung ihrer Entwicklungsstrategien stehen den Gemeinden und Regionen die jeweiligen kantonalen Richtpläne, Umsetzungsprogramme der Neuen Regionalpolitik (NRP) und Wohnungspolitiken als strategische Grundlagen zur Verfügung.
Beispiele
Modellvorhaben Nachhaltige Raumentwicklung in den Regionen Albula und Prättigau / Davos: Wohnraumstrategie für Senioren und andere Neustarter unter Einbezug von Zweitheimischen. Entwicklung von «Kochbüchern», die Gemeinden darin unterstützen, Wohnstandort-Profile zu entwickeln, Eigentümerdialoge zu führen oder in partizipativen Prozessen bedarfsorientierte Dorfkernentwicklungen und Programmierungen zu diskutieren. So wurde etwa ein Vorgehen zur Hilfestellung für die Realisierung von bezahlbarem Generationenwohnen in geschützten Ortsbildern entwickelt.
Planungszone in Wilderswil: Die Gemeinde räumt sich mit dem Erlass einer Planungszone genügend Zeit ein, um geeignete Massnahmen zu prüfen gegen die zunehmende Umnutzung von Erstwohnungen in Zweitwohnungen. Die Gemeinde setzt sich proaktiv mit einer Entwicklung auseinander, obschon die Gemeinde noch nicht unter den baurechtlichen Einschränkungen des Zweitwohnungsgesetzes steht.
NRP-Pilotmassnahme in Bivio: Mit dem Projekt «Standortentwicklung Zukunftsmodell Bivio» soll ein gemeinsames Verständnis aller Anspruchsgruppen geschaffen werden, wie sich Bivio als touristisch zukunftsträchtiges und lebenswertes Bergdorf innerhalb der Destination Val Surses präsentieren und organisieren soll.
Wohnraumstrategie in Davos: Die Gemeinde will, dass für die wachsende Bevölkerung ausreichend Wohnungen zur Verfügung stehen und hat dafür fünf Teilstrategien erarbeitet. Diese Handlungsansätze beinhalten Förderungs- und Anreizstrategien als auch regulierende Massnahmen.
Erstwohnraum fördern
Hilfreiche Umsetzungsstrategien im Bereich «preisgünstiger Wohnraum» finden sich im Baukasten des Bundesamtes für Wohnungswesen. Das Wohnraumförderungsgesetz regelt die Wohnraumförderung des Bundes. Die Kantone unterstützen entsprechende Vorhaben allenfalls mit zusätzlichen Hilfsmitteln. Grundsätzlich stehen folgende Instrumente zur Verfügung:
- Finanzielle Anreize wie Darlehen für Genossenschaftsbauten, Mietzinsbeiträge / Fonds,die an Bedingungen geknüpft werden können.
- Raumplanerische Massnahmen über Anreize wie Zuschläge/Privilegien bei Erstwohnungsanteilen, Zonenbestimmungen mit Erstwohnanteilen oder Nutzungsdichten, Arbeiterwohnungen bei neuen Hotels / touristisch bewirtschafteten Wohnungen, Einführung einer Sondernutzungsplanungspflicht.
- Aktive Bodenpolitik mit der Gemeinde in einer Beratungs- und Vermittlerrolle, Abgabe von Land im Baurecht, Bauverpflichtung und Kaufrecht der Gemeinde, kommunaler Wohnungsbau, Unterstützung gemeinnütziger Bauträger.
Beispiele
Erstwohnanteil in Zermatt: Reglement über den Erst- und Zweitwohnungsbau.
Lenkungs- und Ersatzabgabe in La Punt: Die Erträge der Ersatzabgabe dienen der Förderung von Wohnraum für Ortsansässige. Bei der Lenkungsabgabe werden neue Zweitwohnungen besteuert und somit reguliert.
Der im Unterengadin beheimatete Verein Anna Florin unterstützt Gemeinden in der Umsetzung des RPG1 in Verbindung mit der Zweitwohnungsgesetzgebung. Es werden unter anderem Massnahmen für die Erstwohnraumförderung (Erstwohnanteile) empfohlen, sowie auch die Eingrenzung des Zweitwohnraums und die Förderung von vitalen Dorfzentren.
Gesamtstrategie in Flims: Entwicklung bedarfsgerechtem Erstwohnraum auf gemeindeeigenen Parzellen und aktive Bodenpolitik. Nebst der Beschränkung von Zweitwohnungen sieht das kommunale Recht auch eine kommunale Erstwohnungspflicht (bei baulichen Massnahmen) vor und trägt damit ebenfalls – neben den anderen Massnahmen – zur Förderung von Erstwohnraum bei. Das Gesetz ist per 1. Januar 2025 in Kraft getreten.
Zweitwohnungsnutzung und ihre Auslastung lenken
Der Bau neuer Zweitwohnungen und die Umnutzung bestehender Wohnungen kann gelenkt werden. Es sind auch Massnahmen möglich, um die Auslastung der Zweitwohnungen in der Nebensaison zu fördern.
- Raumplanerische Massnahmen: Zonenvorschriften / Sondernutzungsplanung, Kontingentierung, Hotelzone mit / ohne Zweitwohnungsanteilen, Einschränkung der Umnutzungsmöglichkeiten.
- Lenkung neuer Zweitwohnungen / strukturierter Beherbergung: Nutzungsprivilegien für Erstwohnanteile oder für hotelmässige Nutzung / bewirtschaftete Betten, Lenkungssteuer
- Verbesserte Auslastung bestehender Zweitwohnungen: Beratung und Sensibilisierung, Förderung und Information von Bewirtschaftungsangeboten, Steigerung der Aufenthaltsqualität für die Nutzung nebst der Hauptsaison, Einbezug / Teilhabe Zweitheimischer, etwa mit Dorfgesprächen durch Espace Suisse, Pauschalabgaben durch Kurtaxenabgaben, Anreize für die Umnutzung von Zweitwohnungen in Erstwohnungen.
Beispiele
Regelmässige Austauschanlässe zwischen Erst- und Zweitheimischen in Silvaplana.
Beschränkung der Kurzzeitvermietung, um Erstwohnraum zu erhalten. In Luzern, Genf und Bern sind Vermietungen auf 90 Tage beschränkt. Im Kanton Tessin bedarf es einer gewerblichen Bewilligung bei einer Vermietung von über 90 Tagen.
Kontakt
Bundesamt für Raumentwicklung ARE
Inhaltliche Fragen zu Wohnungsinventar, Vollzug und Wirkungen
Bundesamt für Statistik (BFS)
Technische Fragen zur Bedienung des GWR und des Wohnungsinventars
- Tel.
- 0800 866 600